Übergewicht durch Geschmacksverstärker & Co.?
Die Geschmackspapillen auf der Zunge sind wie Pförtner, die den Einlass von Nahrung in unseren Körper kontrollieren. Sie identifizieren ob das, was wir essen, bekömmlich ist, analysieren wesentliche Nährstoffe und leiten diese Informationen weiter an das Verdauungssystem.
So stellt sich unser Stoffwechsel schon auf die Verwertung der mit dem Geschmack verbundenen Nährstoffe ein.
Um diese lebenswichtigen Prozesse nicht zu irritieren, ist es wichtig, den Körper mit Lebensmitteln zu versorgen, die wahrhaftig sind, also mit ihrem Nährwert einlösen, was ihr Geschmack verspricht.
Der Biss in ein gebuttertes Bauernbrot belegt mit ausgereiftem Emmentaler und dazu Trauben schafft ein solches Geschmackserlebnis: Damit die Kohlenhydrate im Brot von den Geschmackspapillen für Süßes entdeckt werden, hilft ein Verdauungsenzym des Speichels, die Stärke in Zucker zu spalten. Allerdings muss das Brot dafür gut gekaut werden, weil das Enzym etwas Zeit für seine „Arbeit“ benötigt.
Spezielle Fett-Sensoren melden das Fett aus der Butter. Halbfetterzeugnisse wirken hier irritierend, weil sich der Stoffwechsel auf Fett einstellt, jedoch real nur einen Teil dessen zu verarbeiten hat, was ihn veranlasst, den Rest unterschwellig auch noch einzufordern.
Für das Eiweiß ist die Geschmacksempfindung „umami“ zuständig. Sie „springt an“ auf den in kleinen Mengen natürlich im Käse vorhandenen Eiweißbaustein Glutamat, der vorrangig zu einer Geschmacksabrundung und mehr Geschmacksfülle beiträgt. Dieser kann jedoch nur in diesem natürlichen Verbund sinnvoll wirksam werden.
Sehr flexibel arbeiten die Geschmackspapillen für Salziges. Sie entdecken das Salz und entscheiden je nach Salzbedarf des Körpers, ob der Bissen richtig, zu lasch oder zu stark gesalzen ist. Die Fruchtsäure der Trauben wird als angenehm und insgesamt geschmacksabrundend wahrgenommen. Um auch noch den Bittergeschmack anzuregen, könnte das Käsebrot zusätzlich mit einem Blatt Radicchio garniert werden. Dessen Bitterstoffe sind als verdauungsfördernd bekannt.
Viele Menschen reagieren jedoch besonders empfindlich auf Bitterstoffe. Für unsere Vorfahren war diese Geschmackswahrnehmung sogar entscheidend dafür, etwas nicht zu essen, weil bittere Pflanzen oft auch giftig waren. So hat die Auswahl von Nahrungsmitteln seit Menschengedenken über die Zunge funktioniert.
Wenn aber – anders als bei einem Käsebrot – Geschmack und Nährwert nicht mehr im Einklang stehen, schafft das Verwirrung, der zufolge Hunger und Sättigung gestört werden und die Pfunde steigen können. Solche Geschmacksmanipulationen sind bei vielen Fertigprodukten leider immer üblicher. Sie reichen vom üppigen Einsatz von Geschmacksverstärkern bis zur Zugabe von Bitterblockern. Generelles Ziel ist, den ursprünglichen Geschmack derart zu verändern, dass die Produkte jedem munden.
Das ist nicht nur der Geschmacksvielfalt gegenüber im wahrsten Sinne des Wortes geschmacklos, sondern auch gefährlich. Denn sollten wir zukünftig nicht mehr auf der Zunge entscheiden können, ob wir ein Lebensmittel mögen bzw. es uns gut tut oder nicht, ginge die lebenswichtige Eingangskontrolle über die Geschmackspapillen verloren.
Wer sich davor schützen möchte, kann das indessen sogar genießen – mit natürlich guten Lebensmitteln, deren Nährwerte halten, was ihr Geschmack verspricht.