Erdbeeren mit Schlagsahne – Inbegriff von Genuss pur inmitten eines schönen Sommertages. Aber für Viele lautet die Devise: Wenn schon schlemmen, dann wenigstens mit schlechtem Gewissen. Mittlerweile gilt es fast als Binsenweisheit, dass Fett die Gesundheit schädige. Vor allem den tierischen Fetten wie Speck, Butter, Sahne oder Eigelb geht es dabei an den Kragen.

Weil sie „schuld“ sein sollen an der Entstehung von Zivilisationskrankheiten, insbesondere Arteriosklerose, Herzinfarkt und Übergewicht, eroberten in den vergangenen Jahren immer mehr magere Varianten von Fleisch, Wurst, Käse oder Joghurt die Warenregale. Doch zugegeben: Mit dem Sinken der Fettanteile sinkt häufig auch der Genuss. Viele natürliche Geschmacksstoffe sind nun einmal fettlöslich. Deshalb schmecken nicht nur Erdbeeren, sondern auch Salate oder magere Fleischstücke sehr viel besser, wenn der Löffel Fett in Form von Sahne oder Öl zugegeben wird.

Bringt ein „weniger“ an Sahne tatsächlich ein „mehr“ an Gesundheit? Vor allem Gesundheitspolitiker der Nachkriegsjahre waren davon überzeugt. Parallel zur damaligen Schlemmerwelle mit Sahnetorte, Mayonnaise-Salaten und Bockwürstchen nahmen die sogenannten Zivilisationskrankheiten zu. Also lag kaum etwas näher, als im üppigen Essen und vor allem im Fett die Ursache zu vermuten. Schnell mussten Regeln zur gesunden Ernährung geschaffen werden. Auf Ergebnisse der aufkeimenden Ernährungswissenschaft konnte man nicht warten, denn schließlich essen Menschen mehrmals täglich. Da setzte man lieber auf Überzeugungskraft wie der amerikanische Forscher David Kritchevsky. Seinem 1958 erschienenen Buch über Cholesterin entsprang der Satz: „Wir fürchten weder Gott noch die Kommunisten. Wir fürchten das Fett.“ Seither mühen sich Heerscharen von Wissenschaftlern um den Nachweis, dass Fett unsere Gesundheit tatsächlich schädigt.

„Doch es irrt der Mensch, so lang er strebt.“ Frei nach Goethe ist das die am besten gesicherte Erkenntnis nach mehr als drei Jahrzehnten Forschung über den Einfluss des Nahrungsfettes auf die Gesundheit. Eine Auswertung von mehr als 16.000 Untersuchungen zeigte zunächst, dass nur 27 Arbeiten aussagekräftige Ergebnisse lieferten. Zum Erstaunen der Wissenschaftler der englischen Universität Manchester sagte die Gesamtauswertung dieser Arbeiten, dass es nicht am zusätzlichen Löffel Öl, Butter oder Sahne liegt, ob jemand ein höheres Krankheitsrisiko hat oder nicht. Auch andere Forscher bekennen, dass die Vermutungen von gestern bis heute wissenschaftlich nicht zu beweisen sind. 

Also schlemmen ohne Reue, keinen Fettrand mehr abschneiden und die Portion Sahne ruhig üppiger ausfallen lassen? Im Prinzip schon, nur nicht maßlos dabei werden. Kein anderer Nährstoff sättigt so gut und nachhaltig wie Fett. Und wenn wir auf unseren Körper hören, merken wir von selbst, wann wir satt sind. Dann einfach mit dem Essen aufzuhören, fördert Wohlbefinden und Gesundheit. Und wem das schwer fällt, dem hilft vielleicht die Vorstellung: Das Gute, das heute auf meinem Esstisch steht, kann ich morgen schon wieder essen – auch wenn Erdbeeren mit Sahne nur im Sommer wahren Hochgenuss versprechen.